Ein wenig verrückt ist es wohl schon, 20 Stunden vor dem Abflug in einen viermonatigen Urlaub noch ein Konzert zu spielen. Aber Alke hatte sich das vorher gut überlegt und so saßen wir also am Vorabend unserer großen Reise in der Aula der Uni und hören Dvorjacs neunte. Einige liebe Freunde nutzen die Gelegenheit um uns dort zu verabschieden und die letzten Stunden auf deutschem Boden mit uns zu verbringen. Nach dem Konzert ging es dann auch auf ein Abschiedskölsch in Kölns neuste Bar: Die Wohngemeinschaft. Gegen 23.00 Uhr nahmen wir die letzten aber besten Wünsche für unsere Reise entgegen und setzten uns in die Bahn nach Deutz.
Unsere Wohnung sah wüst aus: Wer sie schon mal gesehen hat, hätte sie nicht wiedererkannt. Und ja, es ist wahr: Um 00:00 Uhr, also 9 Stunden vor Abfahrt des Zuges hatten wir zwar jede freie Stelle unserer Wohnung mit dem Equipment für 4 Monate Reise eingedeckt, aber die Taschen waren eben noch leer. Gut, machen wir morgen früh. 3 Stunden vorher aufstehen, sollte doch reichen. Tat es nicht und ich möchte behaupten, die letzten verbleibenden 30 Minuten vor der Abfahrt des Zuges in Köln-Deutz waren die effektivsten in meinem bisherigen Leben. Es war hektisch! Es war ein wenig panisch! Und ja, wir hätten uns das ersparen können! Egal.
Von Hongkong |
Das schöne Spiel beginnt dann ja immer erst, wenn man den Schlüssel zur Wohnung umdreht. Das hat so etwas endgültiges und das hinterfragt man ja gerne nochmal: „Haben wir an alles gedacht?“. Im Dialog geht man dann nochmal die wichtigsten Dinge durch: „Alles ausgeschaltet, ja! Fenster zu, ja! Pässe dabei, ja! Zug-Ticket, ja! Flugbesttätigung, ja!“. Es sah gut aus – nichts vergessen.
Im Bahnhof Deutz dann die unerwünschte Fortsetzung der letzten 30 Minuten. Wir waren entspannt, hatten noch 11 Minuten bis zur Abfahrt des ICE um 09:51 Uhr. Wir wollten noch ne Kleinigkeit beim Bäcker kaufen. Doch soweit kommt es nicht. Alke wirft einen Blick auf die Anzeigentafel: Abfahrt ICE nach Frankfurt 09:44 Gleis 12. „Thorsten, Du hast doch gesagt, der fährt um 51. Hier steht 44 und das kommt mir auch richtig vor.“ Hmm, sollte ich mich tatsächlich getäuscht haben? Hektik! Spurt zu Gleis 12. Schaffnerin gefragt: „Nein, Ihr Zug fährt um 51. Von Gleis 11!“. Gut doch richtig geguckt. Wir also auf dem Weg zu Gleis 11. Dann die Durchsage: Abfahrt von Gleis 8. Wir also hoch zum Gleis 8. Auf halber Treppe, neue Durchsage: Nicht Gleis 11, nicht Gleis 8, nun Gleis 4! Verstehe einer die Bahn. Mit dann effektiv 20 Minuten Verspätung saßen wir dann im Zug. Endlich! Aber ohne Backwaren.
Von Hongkong |
Wenn es eine Statistik der beim Packen am häufigsten vergessenen Gegenstände gibt, was würde man darauf wohl finden? Ich könnte mir ja auf Platz 1 sowas vorstellen wie die Zahnbürste oder so. Zumindest habe ich die - glaube ich - am häufigsten an fremden Orten nachgekauft. Also, wer bietet mehr, wer bietet was anderes? Ich wünsche mir in den Kommentaren bedingungslose Offenheit und sagt dann ja nicht, Ihr würdet nie etwas vergessen …
Wir saßen also nach dem Einchecken bei diesen Kaffee-Verbrechern aus Amerika. @Dennis: Nebenan wurde gerade eine weitere MoschMosch Filiale eingerichtet. Die machen jetzt richtig ernst! Und während ich noch 2 Geburtstagsanrufe nach Detmold und Berlin tätigte und ein letztes Mal vor Abflug kurz mit den Jungs im Büro skypte, machte Alke die bestürzende Entdeckung, dass wir nicht fehlerfrei gepackt hatten. Und nein, die Zahnbürste war es diesmal nicht. Und das verrückte daran: Alke und ich haben beide das gleiche vergessen. Wer die ersten Fotos aus Hongkong sieht, kann es zumindest bei meinen Bildern mal mit Raten versuchen?!
Ab dann, alles prima: Der Flug war pünktlich, trotz Streik der Piloten, sicher, trotz Sturm und Orkanböhen und halb-leer, trotz Chinesischem Neujahrsfest in Hongkong. Dort dann 11 Stunden später angekommen durfte ich ohne Gegenwehr die Grenze passieren. Ob das an den Haaren lag? Dazu später mehr. Wir merkten schnell, dass die Hongkong-Chinesen es mit der systematischen Beschilderung nicht ganz so drauf haben. Aber auch den richtigen Bus fanden wir nach einigen Kilometern und unnötigen Umwegen irgendwo rechts neben dem Hauptausgang. Die Fahrt in die Innenstadt war dann wieder ein kleines Abenteuer. Busfahrer sind ja grundsätzlich wohl so mit die heftigsten Verkehrsteilnehmer die es gibt. Aber dieser gute Mann, und wie wir später feststellen mussten, auch seine ganzen Busfahrer-Kollegen aus Hongkong, haben alle einen an der Klatsche. Ich habe auf der ganzen Fahrt vom Flughafen bis in die Stadt rein, kein Auto gesehen, was auch nur den Versuch unternommen hätte, uns zu überholen. Auch in der wirklich engen und zum Teil unübersichtlichen City von Hongkong gibt es kein Fahrzeug, das schneller fährt als die Busse. Wer auf seine Gesundheit achtet, sollte neben den üblichen Standards vor allem beim Überqueren einer Straße immer nach rechts und links schauen (Linksverkehr) und wenn ein Bus am Horizont erscheint, die Beine in die Hand nehmen.
Hongkong ist eine unglaubliche Stadt. Schnell, laut, wuselig, mit starken Kontrasten: Protzig groß und prunkvoll und an der nächsten Ecke ärmlich klein und dreckig. Absolut eng bebaut, aber dafür unglaublich in die Höhe. Eine absolut pulsierende Großstadt mit erstaunlich vielen westlichen Einflüssen. Das wirklich faszinierende sind die Menschen hier. Wir haben uns also auch direkt ins Getümmel der Seitenstraßen gestürzt und waren froh und erstaunt zugleich, nur wenige Touristen gesehen zu haben. Nach einem Gang über einen der vielen kleinen, engen Straßenmärkte mit frischen Waren, setzten wir uns in eine kleine Metzgerei-Bistro-Restaurant-Bäckerei und bestellten 2 Kaffee. Ob jemals schon andere Europäer in diesem Laden Kaffee getrunken hatten? Wir wissen es nicht. Aber wir 2 zwischen all den Asiaten – das sah bestimmt lustig aus. 2 Kaffee und 2 frische Backwaren später standen wir nur 2 Blöcke weiter vor dem 2. Friseur der uns auf dem Weg bislang begegnet war. Der sah professionell aus, war preislich in Ordnung und war somit die richtige Wahl für Alke, sich die Haare scheiden zu lassen. Das aber mal so richtig. Das Ergebnis seht Ihr in den Hongkong Bildern ;) - Waschen. Schneiden. Föhnen. Stylen. Und noch ne Kopfmassage oben drauf. Macht umgerechnet: EUR 10,-. Fair!
Von Hongkong |
Nach 8 Stunden Spazieren und Sammeln von tollen Eindrücken und Fotos nach dem ersten Tag in Hongkong, liegen wir nun im Bett und stellen fest, dass wir der Zeitverschiebung unterliegen und unsere innere Uhr noch irgendwo auf dem Weg zwischen Deutschland und Asien umher irrt. Bis sie uns findet, werde ich die Stunden ohne Schlaf dazu nutzen, Euch langweiliges Zeug von unserer Reise zu berichten. Gehabt Euch wohl und bis die Tage. Ich versuche es dann jetzt nochmal mit Schlafen.
Alles Liebe aus Fernost,
von Alke und Thorsten.